Interview
Udo Willers

Im Interview

Dipl.-Ing. Udo Willers

Im Interview

Dipl.-Ing. Udo Willers

Dipl.-Ing. Udo Willers

  • seit knapp 30 Jahren an der Jade Hochschule Wilhelmshaven im Fachbereich Ingenieurwissenschaften
  • Lehrkraft für besondere Aufgaben
  • beruflich im Bereich Informatik tätig
  • Hobby: Sammeln alter Olympia Rechner

(Interview Dipl.-Ing. Udo Willers vom 06. Mai 2022)

Jade HS: Welche Verbindung haben Sie zu den Olympia Werken?

Willers: Ich persönlich habe witzigerweise gar keine Verbindung zu Olympia. Ich habe im Marinearsenal in Wilhelmshaven gelernt und mich damals aus heute unerfindlichen Gründen auch nicht bei Olympia beworben, obwohl das ein sehr großer Ausbildungsbetrieb hier in der Region war.
Mit Olympia in Verbindung gekommen bin ich eigentlich über den Vater eines Schulfreundes. Die Computer waren damals noch sehr teuer, als Privatperson konnte man sich die unmöglich leisten. Dem Vater gehörte ein Lohnunternehmen und im Büro stand eben ein Rechner für die Abrechnungsprozesse. Am Wochenende konnten wir den nutzen und das haben mein Schulfreund und ich natürlich auch ausgenutzt.

Vor einigen Jahren habe ich dann im Internet einen Olympia BOSS Computer gefunden – die sind ziemlich selten – und ihn gekauft. Allerdings stand der leider in Süddeutschland. Da ich aber immer noch Kontakt zu meinem alten Schulfreund habe und er jetzt im Raum München lebt, sagte ich zu ihm: Ich habe gerade einen BOSS gekauft, du musst den abholen. Das hat er auch gemacht. Dann kam Corona und abholen war erst mal eine ganze Zeit lang nicht möglich. Es hat ein dreiviertel Jahr gedauert, bis die Maschine dann hier in Wilhelmshaven stand. Zwischenzeitlich habe ich dann noch einen zweiten BOSS bekommen, der war aber ohne Monitor. Aber auch da, wie der Zufall es will, hatte ich eine Woche vorher bei Ebay einen Monitor gekauft, den ich mir eigentlich nur so als Sicherheit ins Regal stellen wollte. Dadurch hatte ich zwei komplette BOSS.

Jade HS: Welches Image hatte Olympia früher?

Willers: Das Image von Olympia war in der Region sehr gut. Fast jeder kannte jemanden, der bei Olympia arbeitet, mich eingeschlossen. Meine Mutter hat, bevor ich geboren wurde, auch dort gearbeitet. Olympia hat überdurchschnittlich bezahlt und hatte viele Sozialleistungen. Es war auch ein großer Ausbildungsbetrieb, insbesondere natürlich für Feinwerktechnik. Im Kern war Olympia immer eine Feinwerktechnik-Fabrik, sie haben relativ spät mit der Elektronik-Entwicklung angefangen. Sie hatten aber den allerersten, frei programmierbaren Chipsatz Europas. Es gibt auch eine ganze Menge Patente, die Olympia sogar an einen amerikanischen Halbleiterhersteller lizenziert hat – die haben den Chipsatz dann quasi in Lizenz gebaut. 
Olympia war damals eigentlich zu gut, das waren sieben Einzelchips, die man dann über ein Masken-ROM auch programmieren konnte. Die Japaner haben einen anderen Weg entwickelt. Sie haben alles fest verdrahtet und quasi die ganzen Taschenrechner in den Chip rein gepackt. Das war von der Herstellung billiger und hat sich deswegen auch durchgesetzt.

Jade HS: Warum sammeln Sie alte Olympia Maschinen?

Willers: Ursprünglich war der Gedanke dahinter nicht, eine Sammlung aufzubauen, sondern es war einfach ein bisschen Retro-Feeling. Preislich war es auch okay. Damals dachte ich mir, man kann mal wieder ein bisschen auf dem ersten Rechner, auf dem man damals gearbeitet hat, herumspielen. Daraufhin habe ich natürlich angefangen, mich mit den unterschiedlichsten Leuten zu vernetzen, unter anderem dem Oldenburger Computer Museum (OCM). Dann entstand über das OCM die Idee, dass man eine Sonderausstellung für Olympia Geräte macht. Das OCM hat selbst nur relativ wenige Olympia Geräte. Die Idee war zwar gut, aber wenn ich da jetzt zwei BOSS hinstelle, ist das noch keine ganze Ausstellung. Da ist dann quasi die Idee geboren worden, dass man ein Olympia Rechner Museum macht – wobei man den Rechner-Begriff ja sehr weit ausdehnen kann. Was ich explizit außen vorgelassen habe und auch immer noch tue, sind die Schreibmaschinen – mit ein paar Ausnahmen. Olympia hat so viele verschiedene Modelle davon gebaut, da braucht man Hochregallager.

Jade HS: Seit wann sammeln Sie die Rechner?

Willers: Das müsste 2020 gewesen sein. Aber da muss man zwei Sachen dazusagen. Einmal, dass Corona dazwischen kam. Das war für die Sammlung eigentlich ganz gut, denn viele Leute haben das genutzt, um ihren Keller oder Speicher aufzuräumen. Außerdem sind die allermeisten Geräte, die ich kaufe, ja schon sehr alt. Das sind normalerweise Geräte aus dem Nachlass von den Großeltern oder Eltern. So hat sich die Sammlung relativ schnell vergrößert. Wenn ich heute gucke, sind wesentlich weniger Geräte im Handel. Und die meisten habe ich jetzt auch schon. Insofern war das ein Vorteil von Corona.

Jade HS: Wie viele Rechner gehören zu Ihrer Sammlung?

Willers: Kommt drauf an, was man alles mitzählt. Nimmt man nur die Olympia Maschinen, dann habe ich so ungefähr 130 Maschinen. Da sind auch ein paar doppelte dabei, weil ich versuche, möglichst funktionsfähige Geräte zu bekommen. Manchmal sind die defekt. Die sind auch immer ohne Gewährleistung und ohne Garantie, sodass man, wenn der Preis akzeptabel ist, auch mal ein oder zwei mehr kauft – als Ersatzteilträger oder eben in der Hoffnung, ein funktionsfähiges Gerät zu bekommen.

Jade HS: Was fasziniert Sie an den Maschinen besonders?

Willers: Es sind zwei Sachen. Zum einen ist es ein Stück deutscher Technikgeschichte, die es in der Form sicherlich nicht mehr gibt. Und dass der ganze Büromaschinen Markt in den 80er-Jahren zusammengebrochen ist, durch den Siegeszug der Mikroelektronik. Dort sind auch namhafte Mitbewerber, wie z. B. Olivetti oder Triumph-Adler, mehr oder weniger zeitgleich insolvent geworden. Ich finde das erhaltenswert, so ein Stück Technikgeschichte aus Deutschland. Zum anderen interessiere ich mich eben auch für die Stadtgeschichte der Stadt Wilhelmshaven und Olympia war mit Abstand der größte Arbeitgeber hier in der Region. Es gab ja auch Zweigwerke, wie zum Beispiel in Jever, und auch dort sind Anknüpfungspunkte da.

Jade HS: Warum sind die Maschinen auch heute noch relevant?

Willers:Die Frage ist, sind sie heute noch relevant? Ich denke, man muss irgendwie einen Bezug zu Olympia oder zur Stadt haben. Rechenmaschinen per se gibt es heute natürlich viel kleinere und billigere, von daher sind sie dann nicht sammelwürdig. Es ist eben Nostalgie und Technikgeschichte.

Jade HS: Wie entstand die Intention, aus Ihrer Sammlung ein Online-Museum zu machen?

Willers: Der Grund ist eigentlich der, dass ich über den Verein zum Erhalt klassischer Computer auch einige Geräte selbst fotografiert und veröffentlicht habe. Der Zuspruch war eigentlich ganz gut. Da war dann die Idee, dass man das auch ein bisschen professionalisiert, ohne eben den Wohnzimmerboden mit zu fotografieren. Und zum anderen ist es eben so, dass sich die Sonderausstellung durch Corona sehr weit nach hinten verschoben hat und die Sammlung mittlerweile so groß geworden ist, dass vielleicht auch der eine oder andere hier aus der Region Spaß daran hat, sich das mal anzuschauen. Meine Hoffnung ist auch, dass man dann neue Kontakte knüpft mit Leuten, die sagen „ach, da kenne ich noch was“ oder „da habe ich noch was“. Und auch, um die Geräte und die Geschichten dahinter zu erhalten.

Jade HS: Möchten Sie noch etwas erzählen?

Willers: Olympia hat damals sehr viele Menschen beschäftigt. Ich glaube, in Spitzenzeiten waren es etwa 16.000 Menschen mit Zweigstellen in Leer, Jever und so weiter. Das Werk in Braunschweig, Brunsviga, das war eine hundertprozentige Tochter. Eine Zeit lang gehörte auch Telefunken zu Olympia, bis die AEG dann insolvent ging und von Daimler-Benz gekauft wurde. Auch ein witziges Detail: Die ehemaligen Olympianer haben bis heute noch Sonderkonditionen, wenn sie sich einen Mercedes kaufen, weil das ja immer noch sozusagen die Mutterfirma war. Das hat man nie aufgegeben.

Ich habe natürlich auch mit vielen Menschen gesprochen, die ehemals bei Olympia gearbeitet haben. Die haben auch oft witzige Geschichten erzählt. Da fällt mir eine ein: Olympia hatte eine Niederlassung in Mexiko und der Niederlassungsleiter hat dem Briefträger immer einmal die Woche eine Wurst als Dankeschön geschenkt. Dann gab es aber einen neuen Geschäftsführer und der hat gesagt: „Warum sollten wir dem eine Wurst schenken? Das wird jetzt nicht mehr gemacht“. Gut, dann hat Olympia keine Post mehr bekommen. Schließlich wurde es wieder eingeführt, dann klappte alles auch wieder. Andere Länder, andere Sitten. Aber man lernt immer wieder neue Menschen und deren Geschichte kennen – das ist eben auch schön, wenn man das dann weitererzählen kann.

Jade HS: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Willers!